ukr (PDF 1,8 Mb)
|
Walter MossmannGESPRÄCH ÜBER GRENZEN
Es war an der Zeit, daß dieses Gespräch in Gang kam.Nach der 89er Zeitenwende wurde es möglich.Schleppend zunächst und verstottert. Auf beiden Seiten belastet durch Mißverständnisse und Mißtrauen. Immerhin, wir haben den Faden nicht abreißen lassen, wir sind im Gespräch geblieben, auf den windigen Brücken der Dreisam, an den unterirdischen Gestaden der Poltwa, in den ungleichen und dennoch rätselhaft verwandten Partnerstädten Freiburg und Lwiw. Fremde Freunde aus zwei europäischen Grenzregionen. Ich meine das Dreyeckland und Galizien, beide vormals Provinzen des Habsburger Imperiums, in der Nachkriegszeit den konkurrierenden Welten OST und WEST zugeteilt und durch den Eisernen Vorhang voreinander getrennt, beide zerschnitten durch nationalstaatliche Grenzen (Deutschland/Frankreich bzw. Ukraine/Polen) und heute um grenzüberschreitende Zusammenarbeit bemüht, auch im Hinblick auf eine europäische Integration, allerdings zeitverschoben um ein halbes Jahrhundert und unter vollkommen verschiedenen Bedingungen. Das vorliegende Heft der Zeitschrift "Ji" vereinigt die Vortragsmanuskripte, die bei GESPRÄCH ÜBER GRENZEN I. TEIL (Freiburg, 10.-12.Oktober 1997) diskutiert worden sind. Einige Texte, weil an anderer Stelle publiziert, fehlen hier, so auch der Aufsatz von Thomas Held: Vom Pogrom zum Massenmord, veröffentlicht in: LEMBERG-LWOW-LVIV, Böhlau Verlag 1995. Wer die Tabus kennt, die den historischen Diskurs nicht nur in Deutschland, sondern auch in Polen oder in der Ukraine behindern, wird bemerken, wo und wie heftig unsere ukrainischen und polnischen Autoren gegen die bei ihnen zuhause üblichen Konventionen verstoßen. Ansonsten mögen sich die Lesenden an die alte Regel erinnern: ES SPRICHT BÄNDE, WORÜBER DIE SCHREIBENDEN SCHWEIGEN. Schweigen mag Gold sein, mag sein. Wir ziehen es vor, Gespräche zu führen, zum Beispiel über Grenzen. |